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Iniciativa slovenski konsenz za ustavne pravice

Initiative Konsens für Verfassungsrechte

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Memorandum 2020

1. Einleitung:

Ein Jahrhundert ist vergangen, seit die Kärntner Slowen_innen zur Minderheit wurden. Dazu wurden sie mit dem Zerfall Österreich-Ungarns und der Gründung des Staates der Slowenen, Kroaten und Serben im Jahre 1918. Der Status als Minderheit wurde mit dem Friedensvertrag von Saint Germain bestätigt, in welchem erstmalig auch Minderheitenrechte festgelegt wurden, wobei man damals aber noch nicht wusste, ob diese Bestimmungen nur einen keinen Teil der Volksgruppe oder die ganze Volksgruppe betreffen werden. Endgültig entstand die heutige Minderheit der Kärntner Slowen_innen mit der Volksabstimmung vom 10.10.1920.


Vor dieser Volksabstimmung wurden feierliche Versprechen abgegeben, dass die Republik Österreich und das Land Kärnten eine gleichberechtigte Heimat für die deutsch- und slowenischsprachigen Staats- und Landesbürger_innen sein werden. Die provisorische Kärntner Landesversammlung hat vor der Volksabstimmung folgende Erklärung beschlossen:


»Sie erklärt daher im Bewusstsein der verantwortungsvollen Stunde namens der von ihr vertretenen Bevölkerung, dass sie den slowenischen Landsleuten ihre sprachliche und nationale Eigenart jetzt und alle Zeit wahren will und dass sie deren geistigem und wirtschaftlichem Aufblühen dieselbe Fürsorge angedeihen lassen wird, wie den deutschen Bewohnern des Landes. Eine genaue Ausarbeitung dieser Grundsätze wird nach durchgeführter Wiedervereinigung mit den Vertretern der Kärntner Slowenen vereinbart werden.«


Nach 100 Jahren ist zu beurteilen, was von diesen Versprechen blieb. In der ersten Republik entstand die Legende von der Volksabstimmung als Sieg der Deutschen über die Slowen_innen, die NS-Zeit brachte den Versuch einer endgültigen Vernichtung der Kärntner Slowen_innen. Die Befreiung von Nationalsozialismus und Faschismus ermöglichte einen Neuanfang, der Artikel 7 des Staatsvertrages sollte der rechtliche Rahmen für dieses neue, gleichberechtigte Miteinander sein. Aber auch dieser Versuch ist nicht gelungen. Die zweisprachige Schule für alle, welche die Grundlage des neuen Miteinanders sein sollte, da man nicht mehr fragen müsste, wer welche Sprache versteht, wurde gleich nach der Unterzeichnung des Staatsvertrages abgeschafft. Die zweisprachigen Aufschriften wurden im Ortstafelsturm hinweggefegt. Mit dem Volksgruppengesetzt wurde ein Gesetz beschlossen, welches nicht der Erfüllung des Artikel 7 diente, sondern ganz im Gegenteil der Verhinderung seiner Anwendung.


Der Beitritt Österreichs zur EU, womit eine neuerliche und noch stärkere Betonung des Rechtsstaates und der Achtung der Minderheitenrechte verbunden war, sowie einige Jahre danach der Beitritt Sloweniens zur EU war mit neuer Hoffnung für eine Durchsetzung der Minderheitenrechte auch für Kärntner Slowen_innen verbunden. Im europäischen Rahmen und in einem Europa ohne Grenzen sollten diese Rechte nicht mehr von Zählungen und tagespolitischen Auseinandersetzungen abhängig sein.


Diese Hoffnungen wurden nicht erfüllt. Nicht nur in Österreich, in ganz Europa droht die Wiederauferstehung des Nationalismus. In Österreich konnte die extreme Rechte sogar Bestandteil einer Regierung werden. Erstmals in der zweiten Republik sprachen auch die angesehensten Verfassungsexpert_innen der Mehrheitsbevölkerung von einer gefährlichen Entwicklung, die den Kern der Menschenrechte gefährdet.


Minderheitenrechte sind Menschenrechte. Die Kärntner Slowen_innen als Minderheit sind auf Angriffe und Missachtung ihrer Minderheitenrechte leider schon allzu gewöhnt. In einer Zeit, in der auch Verfassungsrechte der Mehrheit ausgehöhlt werden, wo wieder Grenzen aufgestellt werden, Sozialrechte einfacher Menschen und grundlegende Rechte Hilfesuchender in Frage gestellt werden, halten wir es für wichtig auch auf Minderheitenrechte wieder aufmerksam zu machen. Wir sind überzeugt, dass es kein Zufall ist, dass jene, die sich gegen Minderheitenrechte stellen, auch diejenigen sind, die Verfassungsrechte anderer Gruppen missachten.


Stetiger Druck auf die Vertreter_innen der Kärntner Slowen_innen führte dazu, dass sie nachgiebig und ängstlich agieren. Nach 100 Jahren der Existenz der Kärntner Slowen_innen als Volksgruppe wollen wir einen Konsens über die Verfassungsrechte der Minderheit erreichen, dessen Einhaltung und Umsetzung über alle sonstigen Differenzen hinweg gemeinsam gegenüber Bund und Land zu fordern ist.

2. Bildung:

Der österreichische Staatsvertrag sichert den Kärntner Slowen_innen das Recht auf Elementarunterricht in ihrer Muttersprache und auf eine entsprechende Anzahl eigener Mittelschulen. Als der Staatsvertrag beschlossen wurde, gab es im zweisprachigen Gebiet Kärntens eine zweisprachige Schule für alle, weiters wurde in Erfüllung der staatsvertraglichen Verpflichtung im Jahre 1957 das Slowenische Gymnasium gegründet.


Das zweisprachige Schulwesen für alle wurde jedoch abgeschafft und stattdessen das System der Anmeldung zum zweisprachigen Unterricht eingeführt. Dieses System diente ursprünglich, gemeinsam mit dem gesellschaftlichen Druck auf slowenischsprachige Familien, der Assimilation slowenischsprachiger Kinder. Heute ist jedoch wieder annähernd die Hälfte der Kinder zum zweisprachigen Unterricht angemeldet, aber die Mehrheit kommt ohne Slowenischkenntnisse in die Schule, die erworbenen Kenntnisse gehen nach der Volksschule wieder verloren, weil die zweisprachige Schulkarriere auf der Sekundärstufe nicht mehr fortgesetzt wird.


Das Schulsystem hat sich in den Jahrzehnten seit dem österreichischen Staatsvertrag, entsprechend den Erfordernissen der Zeit, grundlegend verändert. Dementsprechend ist auch das zweisprachige Schulwesen anzupassen:


- Kindergärten: Seit der Kindergartenbesuch im letzten Jahr bzw. den letzten zwei Jahren vor dem Schuleintritt verpflichtend wurde, sind auch Kindergärten als Teil des Elementarschulwesens anzusehen. Dementsprechend haben die Kärntner Slowen_innen das Recht auf zweisprachige Erziehung in den Kindergärten. Dieses Recht ist jedoch nicht überall im zweisprachigen Gebiet umgesetzt. Unter Berücksichtigung der bestehenden privaten zwei- und mehrsprachigen Kindergärten ist eine gesetzlich gesicherte Möglichkeit zu schaffen, dass jedes Kind im zweisprachigen Gebiet die Möglichkeit des zweisprachigen Unterrichts bekommen kann.


- Volksschule: Wissenschaftliche Untersuchungen und Berichte der Lehrer_innen zeigen das klare Bild, dass die Resultate des zweisprachigen Unterrichtes wesentlich besser sind, wenn alle Kinder in einer Klasse zum zweisprachigen Unterricht angemeldet sind und es daher möglich ist abwechselnd täglich oder wöchentlich in slowenischer und in deutscher Sprache zu unterrichten. In der Zwischenzeit ist annähernd die Hälfte der Kinder zum zweisprachigen Unterricht angemeldet. Aus pädagogischen Gründen und im Allgemeininteresse ist zu fordern, dass das bisherige Prinzip der Anmeldungen zum zweisprachigen Unterricht umgekehrt wird. Weil die Ergebnisse des Sprachunterrichtes besser sind, weil es im Interesse des Landes und einer guten Nachbarschaft ist, weil die Wirtschaft gut ausgebildete Menschen mit entsprechenden Sprachkenntnissen benötigt und weil dies die Achtung des zweisprachigen Charakters unseres Landes gebietet, soll der Grundsatz gelten, dass alle Kinder beide Sprachen erlernen. Wenn besondere Schulformen mit einsprachigem Unterricht erwünscht sind, sollen diese unter gleichen Bedingungen möglich sein, wie andere Schulformen.

 

  • Ganztagesunterricht bzw. Nachmittagsbetreuung: Auch in ländlichen Gebieten werden immer mehr ganztägige Schulformen bzw. zumindest eine pädagogische Betreuung der schulpflichtigen Kinder auch am Nachmittag und in der Freizeit eingeführt. Das Recht auf zweisprachigen Unterricht hat auch für diese Schulformen unter den gleichen Bedingungen zu gelten, wie sie für die Regelschule gelten.
     
  • Sekundärstufe: Nach dem derzeitigen System endet die zweisprachige Schulkarriere in den meisten Fällen schon nach der Volksschule. Dies ist eine Vergeudung der eingesetzten Mittel und verursacht Schaden für jede_n einzelne_n Betroffene_n und für das Land insgesamt. Die zweisprachige Schule ist bis zum Ende des Schulbesuches fortzuführen, weil erst damit die erworbenen Sprachkenntnisse gefestigt und anwendbar werden.
     
  • Landwirtschaftliche Schulen, 9. Schulstufe: Die Schulpflicht ist nicht mit Beendigung der Sekundärstufe beendet. Für die 9. Schulstufe, für landwirtschaftliche Schulen und auch für Berufsschulen ist derzeit überhaupt kein Angebot in slowenischer Sprache vorhanden. Es ist die Möglichkeit für den Slowenischunterricht an allen Schulstufen bis zum Ende der Schulpflicht einzuführen.
     
  • Universität: In Kärnten ist dauerhaft die Möglichkeit des Studiums der Slawistik zu gewährleisten, als Voraussetzung für die Ausbildung des benötigten Personals für den zweisprachigen Unterricht und für die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der slowenischen Sprache.
     
  • Qualifikationen: Auf dem Gebiet der Elementarpädagogik und der Freizeitpädagogik ist ein entsprechendes international vergleichbares Ausbildungscurriculum vorzusehen. Bei Einstellungen sind entsprechende Kenntnisse vorauszusetzen.
     
  • Direktor_innen: Es muss gewährleistet sein, dass Schulleiter_innen an zweisprachigen Schulen zweisprachig qualifiziert sind, ohne diese Qualifikation ihrer Aufgabe zur Führung einer zweisprachigen Schule nicht nachkommen können. Sollte es zur gemeinsamen Führung einer größeren Anzahl von Schulen oder Exposituren kommen, haben alle, welche die einzelnen Einheiten leiten, diesen Bedingungen zu entsprechen.

3. Amtssprache:

Der österreichische Staatsvertrag sichert den Kärntner Slowen_innen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht, dass in Gerichts- und Verwaltungsbezirken mit slowenischer oder gemischter Bevölkerung neben der deutschen Sprache auch die slowenische Sprache Amtssprache ist.


Der Verfassungsgerichtshof hat im Jahre 2000 entschieden, dass Slowenisch als Amtssprache dort zuzulassen ist, wo 10% slowenischer Bevölkerung lebt. Ein Jahr darauf hat der Verfassungsgerichtshof entschieden, dass als Verwaltungsbezirke nicht nur Gemeinden oder ehemalige Gemeinden gelten, sondern auch einzelne Ortschaften. Der Geltungsbereich für die zweisprachige Amtssprache und die zweisprachige Topographie ist nach dem Wortlaut des Staatsvertrages derselbe.


Was eine einheitliche Regelung der zweisprachigen Amtssprache im zweisprachigen Gebiet Kärntens sein sollte, ist tatsächlich eine unübersichtliche Zersplitterung verschiedener Regelungen. In einigen Gemeinden dürfen die Bürger_innen Slowenisch vor Gericht verwenden, nicht aber vor dem Gemeindeamt, z.B. Gallizien/Galicija, und umgekehrt, in einigen Gemeinden haben die Bürger_innen ein zweisprachiges Gemeindeamt, zweisprachige Aufschriften, vor Gericht können sie Slowenisch aber nicht verwenden – z.B. Ludmannsdorf/Bilčovs. Es gibt Gemeinden, die keine zweisprachige Schule haben, um von zweisprachigen Aufschriften nicht zu reden, vor der Bezirkshauptmannschaft dürfen die Bürger_innen aber Slowenisch verwenden – z.B. Magdalensberg/Štalesnka gora – und Gemeinden, wo einige Orte zweisprachige Aufschriften haben und das zweisprachige Schulwesen gilt, vor der Bezirkshauptmannschaft kann man aber nicht Slowenisch verwenden – z.B. ehemalige Gemeinde Egg/Brdo in der Gemeinde Hermagor-Pressegger See/Šmohor – Preseško jezero. Vor der Bezirkshauptmannschaft in Völkermarkt/Velikovec darf man Slowenisch verwenden, beim AMS, bei der Gebietskrankenkasse oder bei der Landwirtschaftskammer, in der gleichen Stadt aber nicht. Ein Verein, der seinen Sitz in Maria Saal/Marija Sveta oder sogar in Ferndorf/Perja vas hat, kann bei der Vereinsbehörde die Satzungen in slowenischer Sprache einreichen – Vertretungsorganisationen der Kärntner Slowen_innen mit Sitz in Klagenfurt/Celovec können dies nicht. Unter Berücksichtigung des Bildungsangebotes und der zweisprachigen Topographie gibt es sage und schreibe 24 verschiedene Kategorien von Kärntner Slowen_innen, was ihre Minderheitenrechte betrifft.


Die Gesetzgebung des Jahres 2011 hat für noch mehr Verwirrung dadurch gesorgt, dass er_sie eine zusätzliche Kategorie von Gemeinden einführte, in welchen vor dem Gemeindeamt die slowenische Sprache nur die Bewohner_innen einzelner Ortschaften verwenden dürfen, andere jedoch nicht. Dadurch hat die Gesetzgebung den betroffenen Bürger_innen in den Gemeinden Eberndorf/Dobrla vas in St. Kanzian/Škocjan jene Rechte genommen, welche sie schon hatten und welche ihnen zuvor sowohl der Verfassungsgerichtshof, als auch der Verwaltungsgerichtshof bestätigten.


In der Praxis gibt es erhebliche Schwierigkeiten bei der Verwendung des Slowenischen als Amtssprache auch dort, wo dies zulässig ist – weil es keine Beamte mit Slowenischkenntnissen gibt, da keine zweisprachigen Formulare zur Verfügung stehen oder von den Ämtern nicht angeboten werden, weil die Möglichkeit der Verwendung des Slowenischen nicht gleichberechtigt angeboten wird, sondern immer jeweils besonders beantragt werden muss. Die unübersichtliche und in hohem Ausmaß diskriminierende Regelung bedarf einer grundlegenden Reform.


- Territorialer Geltungsbereich: Als erster Schritt ist sofort die Diskriminierung einzelner Bürger_innen in den Gemeinden Eberndorf/Dobrla vas und St. Kanzian/Škocjan zu beseitigen und die slowenische Sprache als Amtssprache auch in Gallizien/Galicija vorzusehen, wo die slowenische Sprache schon jetzt als Gerichtssprache anerkannt ist, nicht aber als Amtssprache vor der Gemeinde.
Im zweiten Schritt soll Slowenisch als Amtssprache auch in jenen Gemeinden zugelassen werden, die bei der letzten Volkszählung, bei welcher nach der Sprache gefragt wurde, im Jahre 2001, einen höheren Anteil slowenischer Bevölkerung hatten als jene Gemeinde mit dem niedrigsten Anteil slowenischer Bevölkerung, in welcher Slowenisch als Amtssprache zugelassen ist (das war die Gemeinde Ebenthal/Žrelec mit 4,2% slowenischer Bevölkerung). Wenn Slowenisch als Amtssprache auch in jenen Gemeinden zugelassen wird, die bei der Volkszählung 2001 über 5% slowenischer Bevölkerung aufwiesen, wäre diese Möglichkeit zusätzlich in den Gemeinden Keutschach/Hodiše, Köttmannsdorf/Kotmara vas, Schiefling/Škofiče, Feistritz an der Gail/Bistrica na Zilji, Finkenstein/Bekštanj, Hohenthurn/Straja vas und Diex/Djekše vorzusehen. 5% wären ein international vergleichbarer Wert. Für alle übrigen Teile des zweisprachigen Gebietes sollte zumindest die Möglichkeit des schriftlichen Amtsverkehrs in slowenischer Sprache eingeführt werden, da Eingaben problemlos gesammelt und zentral behandelt werden können, zumal Gemeinden auch in anderen Fällen vielfach zusammenarbeiten und Verwaltungsgemeinschaften bilden.

 

  • Sachlicher Geltungsbereich: Es gibt keinen Grund, weshalb die slowenische Sprache nur vor Verwaltungsbehörden des Bundes und des Landes als Amtssprache zugelassen sein sollte, nicht aber in Standesvertretungen und in Selbstverwaltungsbehörden im sozialen Bereich.
     
  • Gerichtssprache: Slowenisch ist als Gerichtssprache noch immer nur vor den Bezirksgerichten in Bleiburg/Pliberk, Eisenkappel/Železna Kapla und Ferlach/Borovlje zugelassen. Diese Möglichkeit ist auf die Bezirksgerichte in Völkermarkt/Velikovec, Klagenfurt/Celovec und Villach/Beljak auszuweiten, da sonst ein großer Teil der slowenischen Volksgruppe von der Möglichkeit der Verwendung des Slowenischen vor Gerichten ausgeschlossen ist. Vor dem Landesgericht in Klagenfurt ist die Möglichkeit der Verwendung des Slowenischen für alle zu gewährleisten.
     
  • Formulare und öffentliche Kommunikation: Formulare sind gleichberechtigt in beiden Sprachen zur Verfügung zu stellen, insbesondere auch im Internet. Die öffentliche Kommunikation soll gleichberechtigt in beiden Sprachen erfolgen. Diesbezüglich gibt es in Europa zahlreiche Beispiele positiver Praxis.
     
  • Ausweise und Standesdokumente: Auf Wunsch soll es möglich sein, Ausweise mit Eintragungen in beiden Sprachen und zweisprachige Standesdokumente zu erhalten – auch diesbezüglich gibt es in der Nachbarschaft Beispiele positiver Praxis.
     
  • Aufschriften: Bei Ämtern, die zweisprachig sind, soll dies auch nach außen sichtbar sein – wie etwa schon jetzt bei den zweisprachigen Bezirksgerichten. An diesem Beispiel sollen sich auch die Verwaltungsbehörden orientieren.
     
  • Personal: Die Praxis zeigt, dass Slowenisch als Amtssprache dort am besten funktioniert, wo es Beamte und Mitarbeiter_innen gibt, die selbst Slowenisch sprechen. Schrittweise ist sicherzustellen, dass bei allen Ämtern, die dafür in Frage kommen, auch Personal mit Slowenischkenntnissen vorhanden ist – worauf entsprechend hinzuweisen ist. Im Bereich der Justiz ist die erforderliche Anzahl von Richter_innen und anderen Mitarbeiter_innen der Justiz mit Slowenischkenntnissen sicherzustellen.
     
  • Regelung für die Landeshauptstadt Klagenfurt: Es ist zu berücksichtigen, dass Klagenfurt auch die Landeshauptstadt für die Kärntner Slowen_innen ist, so dass alle zentralen Einrichtungen der slowenischen Minderheit in Kärnten ihren Sitz in Klagenfurt haben. Dieser Tatsache ist auch im Bereich der Vereinspolizei dadurch Rechnung zu tragen, dass in Sachen des Vereinswesens Slowenisch als Amtssprache zugelassen wird.

4. Topographie:

Nach der Rechtssprechung des Verfassungsgerichtshofes müssen alle Orte, in denen im Durchschnitt der beiden letzten Volkszählungen 10% slowenischer Bevölkerung lebten, zweisprachige Aufschriften haben. Der Gesetzgeber hat jedoch im Verfassungsrang eine Regelung beschlossen, mit welcher neben den bereits bestehenden Orten für weitere 71 Orte zweisprachige Aufschriften vorgesehen wurden, insgesamt 163 Orte. Für vier weitere Orte in der Gemeinde Bleiburg/Pliberk wurden freiwillig zweisprachige Aufschriften aufgestellt. Den Kriterien des Verfassungsgerichtshofes entsprechen noch über 100 weitere Orte. Auch in diesem Punkt hat der Gesetzgeber des Jahres 2011 den Kärntner Slowen_innen Rechte genommen, welche sie bereits hatten. Darüber hinaus widerspricht die Regelung internationalen Standards, weil ausschließlich Ortsbezeichnungen und dies ausschließlich in den betroffenen Ortschaften selbst berücksichtigt werden, nicht aber weitere topographische Bezeichnungen und auch nicht Straßennamen. Die Regelung ist historisch ungerecht, weil zum Nachteil der Minderheit die Assimilation berücksichtigt wurde, welche in den Jahren der Nichterfüllung auch dieses Punktes des Art. 7 des Staatsvertrages stattgefunden hat. Die derzeitige Regelung hat keinerlei Systematik und ist nicht nachvollziehbar.


Wir fordern folgende Punkte:

 

  • Sofortige minimale Verbesserungen: Bestimmte Ortschaften wurden bereits in Bundesgesetzblättern als Orte mit zweisprachigen Aufschriften vorgesehen, weisen heute solche aber nicht auf. Erstmalig geschah dies im Jahre 1972 im Ortstafelgesetz – diese Tafeln wurden im Ortstafelsturm beseitigt. Der zweite Versuch einer Regelung war im Jahre 2007, wobei diese Regelung hinsichtlich der Anzahl der Orte zwar hinter der Regelung aus dem Jahre 2011 zurückblieb, trotzdem wurden aber zweisprachige Aufschriften für einige Ortschaften vorgesehen, die jetzt nicht mehr berücksichtigt werden – z.B. Sielach/Sele in der Gemeinde Sittersdorf/Žitara vas oder St. Marxen/Šmarkež in der Gemeinde Eberndorf/Dobrla vas. Auch hier gilt, dass es nicht so sein kann, dass man den Kärntner Slowen_innen Rechte nimmt, welche sie schon ganz konkret und im Bundesgesetzblatt veröffentlicht hatten. Als erster Schritt, um das historische Unrecht des Ortstafelsturms wieder gutzumachen, sollen zweisprachige Aufschriften in allen jenen Orten aufgestellt werden, die schon einmal in einem österreichischen Bundesgesetzblatt für zweisprachige Ortstafeln vorgesehen waren oder hinsichtlich welcher, wie im Fall St. Kanzian/Škocjan, bereits der Verfassungsgerichtshof entschieden hat.
     
  • Systematisierung: In einem zweiten Schritt soll eine Systematisierung eingeführt werden, nach Kriterien, wie sie der Rechtssprechung des Verfassungsgerichtshofes entsprechen. In Orten, die diesen Kriterien des Verfassungsgerichtshofes entsprechen, soll der schriftliche Antrag von 10% der Bevölkerung ausreichend sein, um eine zweisprachige Ortstafel vorzusehen.
     
  • Öffnungsklausel: In allen übrigen Teilen des zweisprachigen Gebietes soll eine echte Öffnungsklausel eingeführt werden. Wenn 1/4 der Bevölkerung dies fordert, sollen zweisprachige Ortstafeln vorgesehen werden. Eine derartige Regelung ist schon deshalb notwendig, damit die Möglichkeit des Ausgleiches für die Missachtung dieser Verpflichtung durch die Republik Österreich seit dem Jahre 1955 eröffnet wird.
     
  • In Katastralgemeinden mit mindestens einem Ort mit zweisprachigen Aufschriften sollen auch die übrigen topographischen Bezeichnungen, wie Bezeichnungen von Bergen, Seen, Flüssen und Bächen usw. zweisprachig sein. Entsprechend der internationalen Praxis sollen schrittweise zweisprachige Straßenbezeichnungen eingeführt werden.
     
  • Zweisprachige Ortsnamen sollen auch im Grundbuch, im Meldewesen, in amtlichen Schreiben und auf amtlichen Landkarten verwendet werden.
     

5. Kulturelle Gleichberechtigung:

Im Verfassungsrang steht auch Art. 7 Abs. 4 des Staatsvertrages, wo die gleichberechtigte Teilhabe der Kärntner Slowen_innen an allen kulturellen Einrichtungen vorgesehen ist. Art. 7 Abs. 1 des Staatsvertrages sieht das Recht auf Medien in eigener Sprache vor. Schon der Staatsvertrag aus St. Germain sah vor, dass die Kärntner Slowen_innen das Recht auf einen verhältnismäßigen Anteil aus allen öffentlichen Budgets u.a. für kulturelle Zwecke haben.


Tatsächlich wurde die Förderung der Kärntner Slowen_innen aus Mitteln des Beirates beim Bundeskanzleramt schon seit 1995 nicht erhöht, was tatsächlich eine Verringerung um mehr als 1/3, unter Berücksichtigung der gestiegenen Wirtschaftsleistung und der Erhöhung der Budgetmittel aber um mehr als die Hälfte bedeutet. Während die Politik regelmäßig und automatisiert Parteienförderungen erhöht und Parteien darüber hinaus zahlreiche Finanzierungsmöglichkeiten auch aus anderen privaten Quellen nützen können, welche der Minderheit nicht zur Verfügung stehen, ist die schwache Stellung der Kärntner Slowen_innen auch dadurch begründet, dass ihnen der Staat nicht jene Mittel zur Verfügung stellt, die sie zur Aufrechterhaltung einer notwendigen Organisiertheit benötigen.


Darüber hinaus sind die slowenischen Vereine und andere Strukturen selbst für die Gewährung der vorgesehenen minimalen Mittel geradezu schikanösen Zuteilungs- und Kontrollprozeduren seitens des Bundeskanzleramtes ausgesetzt.


Die einzige slowenische Wochenzeitung Novice (neben der Kirchenzeitung Nedelja) ist aus finanziellen Gründen regelmäßig von der Einstellung bedroht, weil die Bundesregierung schon seit Jahrzehnten nicht bereit ist Versprechungen für eine Änderung des Presseförderungsgesetzes einzulösen, damit auch Volksgruppenmedien Förderungen erhalten könnten. Während große und hochprofitable Zeitungen mit hohen Auflagen Presseförderungen erhalten, erhalten Volksgruppenmedien, welche diese Presseförderung dringend benötigen, aus diesem Titel nichts.


Die erfolgreiche Slowenische Musikschule war zu einer Restrukturierung und Aufgabe ihrer Selbständigkeit gezwungen, weil es nicht mehr möglich war sie zu finanzieren. Obwohl nunmehr der Bestand der Slowenischen Musikschule als Teil der Landesmusikschule gesichert ist, war mit diesem Schritt der Verlust der Hälfte der Schüler_innen verbunden und konnten auch zusätzliche Erhöhungen der vorgesehenen Mittel diesen Verlust bisher nicht ausgleichen.
Wenn zum 100. Jahrestag des Staatsvertrages von St. Germain von dessen Erfüllung gesprochen werden soll, wäre es notwendig:

 

 

  • die sofortige erhebliche (zumindest) Verdoppelung der Mittel der Volksgruppenförderung und in weiterer Folge regelmäßige Valorisierung dieser Mittel.
     
  • die Einführung einer regelmäßigen und nachhaltigen Förderung der Volksgruppenmedien in einer Höhe, welche die Einstellung einer entsprechenden Anzahl von Redakteur_innen entsprechend dem Kollektivvertrag ermöglicht.
     
  • die Einführung einer zusätzlichen Position im Presseförderungsgesetz oder in einem besonderen Gesetz, womit eine zusätzliche mediale Versorgung in den Volksgruppensprachen gewährleistet werden kann.
     
  • - eine autonome Verwaltung und Zuteilung der Mittel der Volksgruppenförderung innerhalb der Volksgruppe, unter Kontrolle des Rechnungshofes.
     

6. Organisiertheit:

Artikel 7 Abs. 1 des Staatsvertrages sieht vor, dass die Kärntner Slowen_innen das Recht auf eigene Organisationen haben. Wir bekennen uns zur politischen Pluralität innerhalb der Minderheit. Das Recht auf eigene Organisationen bedeutet jedoch nicht, dass für die Organisiertheit der Kärntner Slowen_innen nur das Vereinsgesetz zur Verfügung steht, wie allen Staatsbürger_innen. Noch weniger genügt dem ein Beirat, dessen Mitglieder nach sehr schwammigen Kriterien von der Regierung ernannt werden. Auch im Bereich der Organisiertheit von Volksgruppen gibt es in Europa zahlreiche Beispiele positiver Praxis, von öffentlich-rechtlichen Vertretungen über Minderheitenmandate unter erleichterten Bedingungen, von aus der Mitte der Volksgruppe bestellten Ombudsfrauen und Ombudsmännern, welche zur Wahrung der Minderheitenrechte berufen sind, bis zu gesetzlich anerkannten Interessensvertretungen, die gewählt werden, ähnlich wie in Österreich die Vertretungen der jüdischen und islamischen Gemeinschaft gewählt werden. Es soll hier nicht für eines der vielen möglichen Modelle einer effektiven Organisiertheit einer Volksgruppe Partei ergriffen werden, es ist aber notwendig, dass der Staat der Minderheit eine entsprechende und effektive Möglichkeit zur Vertretung ihrer Interessen zur Verfügung stellt – und nicht so wie derzeit in Österreich nur Möglichkeiten nach dem Vereinsrecht, womit dem Staat das Ausspielen verschiedener Gruppen gegeneinander ermöglicht und wodurch statt einer möglichst umfangreichen Selbstverwaltung und Autonomie im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten eine Verstaatlichung der Minderheitenpolitik bewirkt wird.

7. Herausforderungen:

Im Jahrhundert seit der Gründung der Republik Österreich haben die Kärntner Slowen_innen einen existenzbedrohenden zahlenmäßigen Rückgang erlebt. In Gebieten, die damals zur Gänze oder zumindest überwiegend slowenischsprachig waren, sind sie heute nur noch eine kleine Minderheit. Die Mehrheit stellen die Kärntner Slowen_innen nur noch in einigen wenigen kleinen Dörfern, aus vielen Ortschaften sind sie schon vollständig verschwunden. Das ist in einem großen Ausmaß die Folge der im letzten Jahrhundert geführten Minderheitenpolitik.


Eine konsequente Umsetzung und Achtung der Minderheitenrechte ist die Bedingung dafür, dass die Entwicklung in Richtung eines Verschwindens der slowenischen Minderheit in Kärnten gestoppt wird. Erst dann wird auch die Minderheit die Möglichkeit haben sich den neuen Herausforderungen, wie Digitalisierung, Urbanisierung und Globalisierung, zu stellen. Erst dann wird die Minderheit in der Lage sein, falls erforderlich, auch erfolgreich den neuen Erscheinungen des Nationalismus und Rechtspopulismus in Europa zu begegnen.


Erste Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Kärntner Slowen_innen selbst wissen, was sie wollen. Der Konsens für die Verfassungsrechte der Volksgruppe soll Ausdruck und Grundlage dieses gemeinsamen Wollens sein.

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